B.2 Antibiotika

Bakterien leben seit mindestens 250 Millionen Jahren auf der Erde. Seit es Bakterien gibt, haben Organismen, die von ihnen befallen wurden, auch Wege gefunden, sie in Schach zu halten. In erster Linie geschieht dies durch das Immunsystem, über das praktisch jedes Lebewesen verfügt. Einige Organismen bilden zusätzlich auch bakterienschädigende Substanzen (Antibiotika). Z.B. stammt das bekannte Penicillin aus einem Schimmelpilz. Die meisten heute bekannten antibiotisch wirkenden Medikamente sind von natürlich vorkommenden Wirkstoffen abgeleitet.

 

Entwicklung als Medikament

 

1928 entdeckte der britische Forscher Alexander Fleming  Penicillin als ersten antibiotischen Wirkstoff.

 

Es sollte aber noch über ein Jahrzehnt dauern, bis das Penicillin zum Medikament weiterentwickelt war und in industriellem Maßstab produziert werden konnte.

 

Der erste synthetisch hergestellte antibiotische Wirkstoff war Prontosil. Dieses Sulfonamid wurde in den 1930er Jahren von dem Arzt Gerhard Domagk entwickelt und von der Firma Bayer hergestellt und vermarktet. Der Wirkstoff wurde während des zweiten Weltkriegs auf deutscher Seite in großem Umfang eingesetzt, um Wundinfektionen vorzubeugen. Auf alliierter Seite verfügte man damals schon über das besser wirksame Penicillin. Mit der breiten Vermarktung dieses Arzneimittels  begann das goldene Zeitalter der Antibiotika. Die meisten heute bekannten Wirkstoffe wurden zwischen 1940 und 1970 entwickelt und in den folgenden Jahren chemisch abgewandelt.

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Wirkungsweise

Grundsätzlich sind zwei Wirkmechanismen von Antibiotika bekannt:

  • bakteriostatisch: die Bakterien werden an der Vermehrung gehindert, aber nicht abgetötet

  • bakterizid: die Bakterien werden abgetötet, etwa durch Zerstörung ihrer Zellwand

Derzeit werden etwa 80 verschiedene Wirkstoffe als Antibiotika angewendet. Diese können in verschiedene Gruppen eingeteilt werden: nach ihrer chemischen Struktur (z.B. β-Lactame, Makrolide) oder nach ihrem Wirkungsmechanismus (z.B. Gyrasehemmer).

Breitbandantibiotika wirken gegen viele verschiedene Bakterienarten (z.B. Amoxicillin) und werden deshalb gerne verwendet. Dabei sind sie in vielen Fällen gar nicht die beste Wahl. Meist ist eine zielgerichtete Therapie mit einem Wirkstoff der ersten Therapielinie sinnvoller.

Reserveantibiotika sollen nicht in der Standardtherapie verwendet werden, sondern sind schwierigen Therapiesituationen vorbehalten wie z.B. bei resistenten Erregern, wenn die Standardbehandlung nicht mehr wirkt. Es gibt bisher keine allgemeingültige Liste, die darüber Auskunft gibt, welche Wirkstoffe als Reserveantibiotika zu betrachten sind. Eine Orientierung bietet jedoch eine Liste der WHO, die aufzählt, welche Antibiotika besonders wichtig für die Humanmedizin sind und deshalb in der Veterinärmedizin nur äußerst zurückhaltend verwendet werden sollten.

Im Jahr 2005 hat die WHO erstmalig eine Liste wichtiger antimikrobieller Wirkstoffe für die Humanmedizin veröffentlicht. Darin werden Antibiotika gelistet und entsprechend ihrer Einsatzbereiche bewertet.

Siehe hierzu:

WHO list of critically important antimicrobials for human medicine

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Die WHO-Liste wichtiger antimikrobieller Wirkstoffe für die Humanmedizin basiert auf den folgenden Kriterien:

 

  1. Das antimikrobielle Mittel ist die einzige Therapie bzw. eine von wenigen verfügbaren Therapien gegen eine schwerwiegende menschliche Erkrankung.
  2. Das antimikrobielle Mittel wird benötigt, um Erkrankungen zu behandeln, die von nicht-menschlichen Quellen auf den Menschen übertragen oder die von Erregern verursacht werden, die Resistenzgene von nicht-menschlichen Quellen aufnehmen können.

Treffen Kriterium 1 und 2 auf das antimikrobielle Mittel zu, wird es als ein „critically important antimicrobial“ (CIA) - als von entscheidender Bedeutung - eingestuft.
Trifft Kriterium 1 oder 2 zu, ist es „highly important“.


Alle anderen in der Humanmedizin gebräuchlichen Antibiotika werden als bedeutend („important“) eingestuft. Die höchste Stufe stellen die als „critically important“ bezeichneten Antibiotika dar.

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Übersicht über die Verwendung von Antibiotika Wirkstoffklassen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zu den als „critically important“ klassifizierten Antibiotika zählt die WHO derzeit  die in der Veterinärmedizin zugelassenen Antibiotikagruppen der Makrolide, Fluorchinolone und der Cephalosporine (hier rot gekennzeichnet). Diese sollten auf Empfehlung der WHO möglichst nicht in der Veterinärmedizin eingesetzt werden.

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