D.2 Gesundheitspersonal

Schlüsselfunktion in der Versorgung

Die meisten schwerwiegenden Infektionen ziehen sich die Menschen in Gesundheitseinrichtungen zu. Das ist scheinbar paradox, denn man sucht diese Einrichtungen schließlich auf, um gesund zu werden. Dass es nicht immer so positiv verläuft, hat mehrere Gründe. PatientInnen im Krankenhaus sind eher geschwächt: Ihr Immunsystem ist durch die Erkrankung belastet, auch Operationen entkräften den Körper. Wunden, Infusionen und Katheter bilden ideale Eintrittspforten für Krankheitserreger, die unter normalen Umständen kaum in den Körper gelangen würden. Zudem muss sich das Gesundheitspersonal an strenge Hygienemaßnahmen halten, um die Keime nicht selbst zu verbreiten. Wichtige Maßnahmen sind Händewaschen, ausreichende Sterilisation von medizinischem Material (z.B. Spritzen) und saubere Sanitäranlagen.

 

In ressourcenarmen Gesundheitssystemen tragen ökonomische Faktoren zur Resistenzproblematik bei. In manchen Ländern verdient das Personal an den Medikamenten mit. Das setzt falsche Anreize. Therapieentscheidungen werden dann noch seltener nach medizinischen Kriterien getroffen.

 

Aus diesem Grund kommt dem Gesundheitspersonal eine Schlüsselrolle im Kampf gegen die Ausbreitung von Resistenzen zu. Ziel ist es, die korrekte Anwendung von Medikamenten sicherzustellen, unsinnige Anwendung zu minimieren und durch die Etablierung von hygienischen Standards die Ausbreitung von Infektionen zu reduzieren. All diese Faktoren müssen Gegenstand der Aus- und Fortbildung des Gesundheitspersonals sein. Das betrifft ÄrztInnen, das Pflegepersonal und auch das Reinigungspersonal. Entsprechendes Fachpersonal muss ausgebildet werden: InfektiologInnen, KrankenhaushygienikerInnen, hygienebeauftragte ÄrztInnen und Hygienefachkräfte.

 

Fallbeispiel: Indien

In einigen Ländern ist die mangelhafte oder nicht reglementierte Ausbildung von ÄrztInnen ein großes Problem. So ist es in Indien seit den 1990er Jahren erlaubt, private Lehranstalten zu eröffnen. Diese werden häufig von PolitikerInnen oder UnternehmerInnen geführt, die keine Erfahrung in der Leitung einer medizinischen Lehranstalt haben. Während sich die Zahl der staatlich geführten Schulen seit den 1980er Jahren verdoppelt hat, hat sich die Zahl der privaten Institutionen verzwanzigfacht. Dies hat eine starke Kommerzialisierung der Ausbildung zur Folge. Die Indian Medical Association schätzt, dass etwa 45 Prozent der Abschlüsse an medizinischen Schulen gekauft sind, und somit etwa 700 000 ÄrztInnen kein formales Training durchlaufen haben. Behandlungsfehler in einem komplexen Feld wie der Antibiotika-Therapie sind daher vorprogrammiert und leisten der Entstehung von Resistenzen Vorschub.

Der 2015 von der verabschiedete Aktionsplan sieht vor, entsprechende Maßnahmen zur Aus- und Weiterbildung von Gesundheitspersonal möglichst weltweit einzuführen.

 

Dazu drei Beispiele erfolgreicher Programme:

 

Fallbeispiel: Deutschland

Seit 2010 wird in Deutschland die internationale Fortbildungsinitiative „Antibiotic Stewardship (ABS)“ umgesetzt. Hierzu werden ApothekerInnen und MikrobiologInnen intensiv zu einem verantwortungsvollen Management der Ressource Antibiotika geschult. Die sogenannten ABS-ExpertInnen stehen dem Klinikpersonal beratend zur Seite. Durch ihr Fachwissen verbessern sie die Qualität der Verordnung von Antibiotika, indem sie die Auswahl der Substanzen, die Festlegung der Dosierung, Anwendungsform und Anwendungsdauer optimieren. Bis Dezember 2015 wurden bereits 400 ExpertInnen zertifiziert.

 

Fallbeispiel: Solomon-Inseln

Im Jahr 2015 wurden die Solomon Islands Antibiotic Guidelines erlassen und ÄrztInnen im Umgang damit geschult. Eine Überblicksstudie in dem einzigen Krankenhaus der Maximalversorgung auf den Solomon-Inseln hatte zuvor ergeben, dass nur 4,6% der Verschreibungen der guten klinischen Praxis entsprachen. Nach Einführung der Richtlinie ging zwar nicht die Verschreibungsrate von Antibiotika insgesamt zurück, dafür waren aber bereits nach drei Wochen 29% der Verordnungen korrekt.


Fallbeispiel: Thailand

Das Antibiotic Smart Use Programm startete 2007 und stellt die korrekte Behandlung von drei Krankheiten in den Mittelpunkt: Harnwegsinfekte, akuter Durchfall und kleinere Verletzungen. Im Zeitraum 2012 – 2015 wurden die Daten von mehr als 800 Krankenhäusern erfasst. Die Verschreibungsrate von Antibiotika bei Harnwegsinfekten reduzierte sich durch das Programm von 54% auf 40%, bei akutem Durchfall von 49% auf 36%.

 

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