C.4 Verfügbarkeit und Kosten

Stichworte: Infrastruktur | Kosten | Arzneimittelspenden | Kooperation mit Pharmafirmen | Politische Vorgaben | Erfolgsindikatoren

 

Infrastrukturelle Überlegungen

Bei der Auswahl von Kontrazeptiva, die ein Projekt bereitstellen möchte, ist auch die vor Ort vorhandene Infrastruktur zu berücksichtigen. Steht beispielsweise medizinisches Gerät, das zur korrekten Applikation oder Entfernung eines Kontrazeptivums nötig ist, nicht (nachhaltig) zur Verfügung, sollte das Mittel auch nicht angeboten werden. Bestimmte Verhütungsmittel wie Pflaster oder Hormonring erfordern eine kühle Lagerung. Beim Einsetzen von Implantaten und der Verabreichung von Spritzen müssen hygienische Bedingungen (sauberes Wasser, Desinfektionsmittel, steriles Material) gewährleistet sein, um Infektionen zu vermeiden. Vor der Anwendung von Implantaten muss zudem überprüft werden, ob es der Anwenderin möglich ist, das Implantat jederzeit durch eine qualifizierte Fachkraft entfernen zu lassen. Außerdem sollte ein Röntgengerät verfügbar sein, um bei Wunsch nach Entfernung das evtl. gewanderte Implantat finden zu können.

Schon bei der Projektkonzeption ist dafür Sorge zu tragen, dass die im Projekt etablierten Dienstleistungen nachhaltig - das heißt über das Projektende hinaus - zur Verfügung stehen. Insbesondere sollten die im Projekt angebotenen Kontrazeptiva auch nach Abschluss des Projektes verfügbar sein.

Die räumlichen Gegebenheiten müssen eine geschützte Atmosphäre bieten, um eine individuelle und vertrauliche Beratung durchzuführen (Raumteiler / einzelner Beratungsraum). Zudem sollten für Frauen weibliche und für Männer männliche Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Dadurch kann die Hemmschwelle, ein Angebot anzunehmen, deutlich gesenkt werden.

Evtl. sollten Beratungsangebote an verschiedenen neutralen Orten angeboten werden. So haben potentielle NutzerInnen die Möglichkeit, ein Beratungsangebot in Anspruch zu nehmen, ohne dass es von FreundInnen oder Familienangehörigen bemerkt wird.

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Kosten

Im Allgemeinen sollten die im Projekt verwendeten Verhütungsmittel als Generika preisgünstig beschafft werden. Hier bieten sich zentrale und international tätige Lieferanten an, besonders solche, die zertifiziert sind (Einhaltung von Qualitätsstandards, Einhaltung von ethischen Standards etc.). Falls möglich, ist aus Gründen der Nachhaltigkeit eine Versorgung mit lokalen Produkten vorzuziehen. So ist eher garantiert, dass die Präparate auch nach Projektende weiterhin zu einem günstigen Preis zur Verfügung stehen. Auch staatliche Stellen oder Großeinkäufer im Projektland können bei der Beschaffung behilflich sein. Durch die Abnahme großer Mengen kann der Preis von Verhütungsmitteln meist deutlich reduziert werden.

Vorsicht ist geboten, wenn im Projekt subventionierte Produkte verwendet werden. Besonders problematisch sind Arzneimittelspenden oder zeitliche begrenzte Preisnachlässe von Originalherstellern, die nicht selten der Markterschließung für Originalprodukte dienen und die AnwenderInnen auf lange Sicht teuer zu stehen kommen. Zudem können mit der Arzneimittelspende eines Herstellers auch bestimmte Bedingungen verknüpft sein. Projektverantwortliche sollten daher im Einzelfall genau prüfen, um welche Konditionen es sich handelt und abwägen, inwieweit dadurch die eigene Unabhängigkeit aufs Spiel gesetzt wird.
Eine Kooperation mit Pharmafirmen vor Ort z.B. bei Aufklärungs- und Hilfsprogrammen sollte durch die Projektverantwortlichen ebenfalls genau abgewogen werden. Werden in den bereitgestellten Informationsmaterialien Verhütungsmethoden aus dem Portfolio der Firma positiver dargestellt als sie sind? Tragen Informationsmaterialien das Logo einer Firma und unterstützen damit das Produktmarketing?

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Politische Vorgaben

Internationale Geberorganisationen stellen oft Gelder für bestimmte Kontrazeptiva oder die Mittel selbst zur Verfügung. Hier ist in den letzten Jahren ein starker Trend hin zu langwirksamen Verhütungsmethoden wie Verhütungsspritzen und Implantaten zu verzeichnen. So hat sich in den letzten Jahren die Mittelvergabe großer Geberinstitutionen wie dem UN-Bevölkerungsfond, USAID, DFID, des Global Fund, IPPF oder auch der KfW für mehrjährig wirkende Kontrazeptiva (Implantate, Verhütungsspritzen) deutlich gesteigert. Dies ist gerade angesichts des Primats der Entscheidungsfreiheit der AnwenderInnen problematisch. Auch aufgrund der Nebenwirkungsprofile dieser Mittel ist Vorsicht geboten, sie gelten alle in Europa nicht als Mittel der ersten Wahl.

Ein weiteres Problem der Projektkonzeption können Erfolgsindikatoren sein. Wie wird der Erfolg eines Projektes gemessen? Während die Zahl der durchgeführten Beratungen und / oder die Qualität der Beratung ein sinnvolles Maß für den Nutzen eines Projekts sein kann, ist die Anzahl der abgegebenen Verhütungsmittel als Indikator nicht unproblematisch. Solche Vorgaben können dazu führen, dass die Betroffenen zur Anwendung bestimmter Verhütungsmethoden gedrängt werden – ohne Rücksicht auf ihre individuellen Rechte und Bedürfnisse.

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