F.2: Hilfestellung für Projekt-Planung und Projekt-Arbeit

Besonders in der humanitären Nothilfe fristet das Thema Diabetes eher ein Randdasein. Aber auch die Entwicklungszusammenarbeit lässt noch viele Möglichkeiten ungenutzt, um Gesundheitsprojekte entsprechend auszurichten.

 

Gesundheitsprojekte bedarfsgerecht gestalten

Als chronische Erkrankung stellt Diabetes die Konzeption von Projekten vor besondere Herausforderungen. Projektakteure sollten daher

  • langfristig planen, um die nachhaltige Versorgung von PatientInnen zu sichern
  • Präventionsmaßnahmen durchführen (siehe auch unten)
  • eine rationale Antidiabetika-Auswahl vornehmen (siehe Modul D)
  • Antidiabetika in Medical Kits für die Nothilfe integrieren
  • die Schulung für PatientInnen ernst nehmen - vielfältige Info-Materialien für den lokalen Kontext bestehen bereits (siehe bspw. https://santediabete.org/en/tools)
  • Komplikationsmanagement als ein zentrales Element berücksichtigen
  • Diabetes-Behandlung in Projekte zu Infektionskrankheiten und Mutter-Kind-Gesundheit integrieren
  • Daten erheben gemäß des Leitbildes „take the research and the epidemiology  to where the epidemic is” (zitiert aus Bull World Health Organ. 2016)
  • Community Health Worker schulen und einsetzen, etwa für Prävention, PatientInnen-Schulung oder Datenerhebung (mehr)

 

Aufklärung stärken

In vielen Gesellschaften des globalen Südens besteht ein nur geringes Bewusstsein für Ursachen, Symptome und Auswirkungen von Diabetes. Informationsmaßnahmen sind daher wichtig, sie müssen jedoch realistische Handlungsoptionen beinhalten. So lassen sich armen PatientInnen mit Gestationsdiabetes, für die proteinreiche Kost häufig zu teuer ist, beispielsweise günstigere Nahrungsmittel wie Eier oder Erdnussbutter empfehlen (mehr).

Kernbotschaften für Aufklärungskampagnen könnten unter anderem sein:

  • Diabetes ist kein Todesurteil.
  • Du musst aber selbst Verantwortung übernehmen, um mit der Krankheit leben zu können.
  • Dein Diabetes kann das Risiko für deine Kinder erhöhen.
  • Richtige Ernährung hilft dir.
  • Bewegung hilft dir.
  • Achte auf Anzeichen für Komplikationen, zum Beispiel verschwommene Sicht.
  • Versuche Komplikationen zu lindern, zum Beispiel durch Schuhwerk.

 

Aus Erfahrung lernen

Nicht zuletzt aus der Bekämpfung von Infektionskrankheiten wie den „großen Drei“ lassen sich hilfreiche Rückschlüsse für Gegenmaßnahmen zu Diabetes im globalen Süden ziehen, zum Beispiel:

  • Outreach ist wichtig. Auch schwer erreichbare Bevölkerungsgruppen müssen in Projekte einbezogen werden, zum Beispiel Menschen auf der Flucht, ArbeitsmigrantInnen oder Personen in informellen Siedlungen (mehr).
  • Stigma ist ein komplexes Hindernis. Besonders Übergewicht führt für Menschen mit Diabetes oft zu Diskriminierung. Dies gilt besonders für Kinder und Jugendliche. Wiederum kann Übergewicht in einigen Gesellschaften positiv, als Zeichen von Erfolg, Wohlstand oder Status gesehen werden.
  • Traditionelle Medizin ist ein wichtiger Faktor – vor allem in der ländlichen Versorgung. Das Verhältnis von Gesundheitsarbeit zur traditionellen Medizin ist meist schwierig. Tatsache ist allerdings, dass in vielen Kontexten „HeilerInnen“ eine wichtige Stellung innerhalb der lokalen Bevölkerung einnehmen. Wie bspw. Vorhaben in Kamerun gezeigt haben, lassen sich solche Akteure konstruktiv in die Diabetes-Bekämpfung einbeziehen. (mehr)
  • Es gilt, mit gutem Beispiel voranzugehen. Organisationen müssen die eigenen Hilfestellungen für eine gesündere Lebensweise beherzigen. Dies bedeutet bspw. im Kontext von Diabetes, den Konsum von und die Werbung zu zuckerhaltigen Softdrinks aus Gesundheitsprojekten konsequent zu verbannen.

 

(Passende) Partner finden

Diabetes-Bekämpfung erfordert die Kooperation mit anderen Akteuren, doch nicht alle Partnerschaften und Bündnisse sind zweckdienlich:

  • Vernetzung. NGOs müssen in ihrer Arbeit im globalen Süden gemeinsam mit den dortigen zivilgesellschaftlichen Gruppen, WissenschaftlerInnen und Gesundheitsbehörden das Problem angehen.
  • Abgrenzung. Zugleich ist von bestimmten Partnerschaften abzuraten. Eine NGO die Diabetes in Gesundheitsprojekten einbezieht, sollte bspw. nicht mit global agierenden Nahrungsmittelkonzernen kooperieren. Andernfalls sind Interessenskonflikte zu befürchten (mehr)

Kapitel F.3