C.4 Steigender Antibiotikaverbrauch fördert Resistenzen

Vergleicht man Länderdaten zum Antibiotika-Verbrauch mit den Daten zur Resistenzproblematik, zeigt sich eine deutliche Korrelation: In Ländern mit einem hohen Antibiotika-Verbrauch ist auch die Resistenzrate hoch.

 

Der Verbrauch in Europa

Insbesondere die Daten aus der europäischen WHO-Region lassen sich gut miteinander vergleichen. Denn hier ist neben der Resistenzverbreitung auch der Antibiotika-Verbrauch gut dokumentiert: Die meisten Antibiotika (90%) werden außerhalb der Krankenhäuser verbraucht. Im ambulanten Bereich sind es in Europa durchschnittlich 21,5 DDD pro 1.000 EinwohnerInnen und Tag gegenüber 2,0 DDD im Krankenhaus. Am häufigsten verwendet werden Breitbandantibiotika, die gegen viele verschiedene Bakterienarten wirken.
Auffällig ist beim Verbrauch – ebenso wie bei der Resistenzproblematik – das Nord-Süd-Gefälle: An der Spitze des Antibiotika-Verbrauchs steht Griechenland (31,9 DDD pro 1.000 Einwohner und Tag), die wenigsten Antibiotika konsumieren die Niederlande (11,3 DDD). Beim Verbrauch in Krankenhäusern ist Finnland der Spitzenreiter (2,8 DDD), der niedrigste Wert ist auch hier wieder in den Niederlanden zu finden (1,0 DDD).
In den meisten Ländern werden immer mehr Breitbandantibiotika verschrieben. Die Ursachen dafür sind bisher nur unzureichend untersucht.

 

Beim Antibiotika-Verbrauch gibt es in Europa ein deutliches Nord-Süd-Gefälle (DDD pro 1.000 EinwohnerInnen und Tag, 2012).

 

Die gravierenden Unterschiede beim Antibiotika-Konsum der einzelnen Länder oder Regionen sind bisher nur unzureichend untersucht. Die Ursachen können daher nicht eindeutig benannt werden. Eine wichtige Rolle spielen sicherlich tradierte Konsumgewohnheiten, mangelnde PatientInnenaufklärung und nicht zuletzt die staatliche Kontrolle des Arzneimittelmarktes sowie die Überwachung der Apotheken. Wenn Antibiotika frei verkäuflich sind oder die Rezeptpflicht nicht konsequent eingehalten wird, hat das immense Auswirkungen auf Konsummuster und letztendlich auch auf die Verbreitung von Resistenzen. Eine Untersuchung von 2008/2009 zeigte, dass in den süd- und südosteuropäischen Ländern Antibiotika relativ häufig ohne Rezept verkauft wurden. Hier bedarf es dringend einer besseren staatlichen Regulierung und intensiver Aufklärungsarbeit. Manche Länder haben bereits erste Erfolge vorzuweisen: Griechenland konnte den Antibiotika-Verbrauch durch öffentliche Kampagnen und regelmäßige Schulung von ÄrztInnen in den letzten Jahren deutlich senken.

 

Der weltweite Verbrauch

Trotz der noch zahlreichen Datenlücken ergibt sich alleine aus Verkaufszahlen der Pharmaindustrie ein deutlicher Trend: Der weltweite Antibiotika-Verbrauch im Bereich der Humanmedizin ist zwischen 2000 und 2010 um 36% gestiegen. Für drei Viertel des gestiegenen Verbrauchs sind allein die BRICS-Staaten verantwortlich, die einen starken wirtschaftlichen Aufschwung erleben. Dadurch steigen auch die privaten Gesundheitsausgaben sowie die Ausgaben für Arzneimittel. Pro Kopf werden in den BRICS-Staaten immer mehr Antibiotika verbraucht. Dagegen konnten vor allem die USA und Länder in Zentralamerika und Europa ihren Verbrauch senken.
Diese in Ansätzen positive Entwicklung kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die weltweite Situation insgesamt besorgniserregend bleibt.  
Mitverantwortlich für diese Situation ist die expandierende Nutztierhaltung. Weltweit steigen die Mengen an Antibiotika, die jedes Jahr an Schweine, Kühe und Hühner verabreicht werden. Bis zum Jahr 2030 sei eine Zunahme von 67% gegenüber 2010 zu erwarten, so die Prognosen eines internationalen Forscherteams. Länder wie Brasilien, Südafrika, Indien, China und Russland werden dann die doppelte Menge an Antibiotika in der Tierzucht einsetzen. In Folge steigt der weltweite Antibiotika-Verbrauch in der Tierzucht auf 105.000 Tonnen jährlich, so die Prognosen.

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