B.5 Hormone langwirkend

Stichworte: Empfängnisverhütende Injektionen | Empfängnisverhütende Implantate | Intrauterinpessare mit einem Gestagen

Alle hormonellen Verhütungsmethoden erfordern eine medizinische Voruntersuchung und Beratung. Ein wichtiger Grund dafür sind relative bzw. absolute Kontraindikationen. Dazu gehören höheres Alter (über 35 Jahre), hohes Übergewicht, starkes Rauchen (über 15 Zigaretten am Tag), bestehende Schwangerschaft, Stillzeit, bekannte Thromboseneigung, Diabetes mellitus, hoher Blutdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Brustkrebs in der Vergangenheit sowie generell schwerwiegende organische und psychische Erkrankungen. In besonderen Fällen und unter besonderer Überwachung kann eventuell trotzdem zu einer hormonellen Verhütung geraten werden.

 

Empfängnisverhütende Injektionen (Depotspritzen)

Die so genannten Depotspritzen enthalten ein Gestagen (Medroxyprogesteronazetat oder Norethisteronenantat), das nach der Injektion aus einem Reservoir unter der Haut kontinuierlich in den Körper abgegeben wird. Die Spritze wirkt acht bis zwölf Wochen lang und ist sehr zuverlässig: Weniger als eine von 100 Frauen pro Jahr wird schwanger. Die Spritze verhindert wie die „Pille“ den Eisprung und wirkt zudem auf den Schleim in der Gebärmutter wie eine „Minipille“.
In Deutschland ist die Depotspritze nur als Mittel der Reserve zugelassen. Die Spritze mit den beiden Wirkstoffen Estradiol und Medroxyprogesteron ist in Deutschland nicht zugelassen, da sie insgesamt noch höhere Risiken hat als die Spritzen mit nur einem Wirkstoff. Sie eignet sich zur Empfängnisverhütung in Sondersituationen für Frauen, denen eine regelmäßige Einnahme oraler Kontrazeptiva nicht möglich ist oder die diese nicht vertragen, aber einen normalen Zyklusverlauf haben. Außerdem ist sie trotz schlechterer Verträglichkeit eine Option, wenn der Mann von der Verhütung nichts wissen darf.
+ Zuverlässig wirksam. An die Verhütung muss nicht jeden Tag gedacht werden.
- Alle ein bis drei Monate muss die Ärztin oder der Arzt eine Spritze geben. Die Injektion kann nicht rückgängig gemacht werden. Wenn unerwünschte Wirkungen auftreten, können diese zwölf Wochen oder sogar länger anhalten. Nach Absetzen des Mittels kann es einige Monate dauern, bis sich die natürliche Fruchtbarkeit wieder einstellt. Die Regelblutungen hören nach der zweiten bis dritten Spritze oft ganz auf. Depressionen, Akne, Gewichtszunahme, Übelkeit und andere unerwünschte Wirkungen können vorkommen. Bei längerer Anwendung von Medroxyprogesteronazetat kann sich sogar die Festigkeit von Knochen verringern (Osteoporose). Das gilt wahrscheinlich nicht, wenn Medroxyprogesteronazetat mit Estradiol kombiniert wird. Es besteht die Gefahr, dass aufgrund der langen Wirksamkeit die nächste Injektion vergessen wird.

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Empfängnisverhütende Implantate

Bei dieser Methode wird von der Ärztin oder dem Arzt eines oder mehrere kleine Plastikstäbchen unter die Haut gebracht. Die Stäbchen setzen drei Jahre lang das Hormon Etonogestrel oder vier bzw. fünf Jahre lang Levonorgestrel (beides Gestagene) frei. Danach müssen sie ausgetauscht oder entfernt werden. Korrekt eingesetzt wirkt das Implantat sehr zuverlässig: In Studien wird pro Jahr deutlich weniger als eine von 100 Frauen schwanger. Das Implantat hemmt wie die Depotspritze den Eisprung und macht den Schleim in der Gebärmutter zäh, sodass die Spermien nicht „vorwärtskommen“.
Für das Einsetzen und Entfernen ist medizinisches Fachpersonal erforderlich. Da das Stäbchen wandern kann, kann die Entfernung schwierig sein, es kann ein Röntgen- oder Ultraschallgerät erforderlich sein.
+ An die Verhütung muss nicht jeden Tag gedacht werden.
- Mit Gestagen-bedingten Nebenwirkungen wie Gewichtszunahme, Akne, Depression und anderem ist zu rechnen. Regelblutungen können unregelmäßig werden oder aufhören. Viele Frauen lassen sich Implantate vorzeitig entfernen. Kommt es zu anhaltenden oder schweren Nebenwirkungen oder entsteht der Wunsch, ein Kind zu bekommen, muss das Stäbchen durch einen kleinen Eingriff mit örtlicher Betäubung entfernt werden. Eine „Wanderung” des Implantats – weg von der Injektionsstelle – ist möglich: Mehrfach ließ sich das Stäbchen im Körper nicht mehr auffinden. Erst eine seit Ende 2010 erhältliche Variante enthält Stoffe, die es ermöglichen, ein Implantat, das „gewandert“ ist, durch Ultraschall- oder Röntgenuntersuchung aufzufinden. Je nach Zugänglichkeit zu medizinischer Infrastruktur kann die Autonomie der Frau, die Verhütung zu beenden, stark eingeschränkt sein.

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Intrauterinpessare mit einem Gestagen („Hormonspirale“)


Das T-förmige Intrauterinpessar (IUP) wird von der Ärztin oder dem Arzt in die Gebärmutter eingesetzt und kann dort fünf Jahre lang bleiben. Es gibt kontinuierlich geringe Mengen des Gelbkörperhormons Levonorgestrel ab. Die Wirksamkeit beruht wie bei den hormonfreien IUP auf einem Fremdkörpereffekt, der die Einnistung des befruchteten Eis verhindert. Ferner macht das Hormon der „Spirale“ – wie die Gestagen-haltige „Minipille“ – den Schleimpfropf im Gebärmuttermund zäher, sodass die Spermien nicht so leicht in die Gebärmutter vordringen. Die Zuverlässigkeit entspricht die der „Pille“: Durchschnittlich wird weniger als eine von 100 Frauen pro Jahr schwanger.
+ Zuverlässig. An die Verhütung muss nicht jeden Tag gedacht werden. Die Monatsblutungen werden schwächer und weniger schmerzhaft oder hören oft ganz auf (im Gegensatz zur Spirale ohne Gestagen). Nach Entfernen der Hormonspirale besteht wieder normale Fruchtbarkeit.
- Wie bei hormonfreien Intrauterinpessaren ist durch Einschleppen von Krankheitserregern beim Einlegen des IUP das Risiko von Infektionen der Gebärmutter vorübergehend etwas erhöht. Daraus kann sich eine entzündliche Beckenerkrankung entwickeln, die bei Frauen mit häufig wechselnden Beziehungen offensichtlich häufiger ist. Diese kann später zur Unfruchtbarkeit führen. Kommt es trotz IUP zu einer Schwangerschaft, ist das Risiko einer Bauchhöhlenschwangerschaft größer als sonst – eine sehr seltene, aber bedrohliche Komplikation. Monatsblutungen werden schwächer oder hören oft ganz auf. Relativ häufig sind außerdem hormonbedingte Nebenwirkungen wie Depression oder Akne. Auch Angst und Panikattacken sind vorgekommen. Das Brustkrebsrisiko entspricht wahrscheinlich dem einer üblichen Antibabypille.

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Fragen zu Kapitel B.4 / B.5 Kapitel B.6