C.1 Einbindung in nationalen Kontext

Stichworte: Nationale Rechtslage | Lokale Einbindung | Konkurrierende Strukturen | Auswahl von Verhütungsmitteln

Nationale Rechtslage

Projekte zu sexueller und reproduktiver Gesundheit sollten in den jeweiligen nationalen Kontext, in dem die Projekte durchgeführt werden, eingebunden sein. Projektverantwortliche und MitarbeiterInnen müssen die nationalen Gesetze und Gesundheitsprogramme kennen und die existierenden Therapierichtlinien beachten. Zumeist ist das nationale Gesundheitsministerium der kompetente Ansprechpartner.

Auch eine gute Kenntnis der Rechtslage in allen Bereichen, die mit sexueller und reproduktiver Gesundheit verbunden sind, kann für eine erfolgreiche Projektausgestaltung und -durchführung entscheidend sein:

  • Wird Prostitution gesetzlich verfolgt?

Wenn die Projektkonzeption etwa vorsieht, SexarbeiterInnen aktiv für Beratungsangebote aufzusuchen, könnten sich rechtliche Probleme ergeben. Das Beratungsangebot muss dann dementsprechend ausgestaltet werden.

  • Steht Gewalt gegen Frauen unter Strafe? Ist die eheliche Vergewaltigung strafbar?

Von häuslicher Gewalt und Vergewaltigung betroffene Frauen sollten im Rahmen von Frauengesundheitsprojekten über ihre Rechte aufgeklärt und zu Handlungsoptionen beraten werden.

  • Ist Sexualaufklärung Teil der Unterrichtspläne allgemeinbildender Schulen und wenn ja, ab welcher Klasse? Ist Sexualaufklärung Bestandteil der Ausbildung von GesundheitsarbeiterInnen? Ist Sexualaufklärung an Schulen legal?

Möglicherweise kann das eigene Projekt an bereits existierende schulische Angebote oder an Unterrichtsinhalte anknüpfen. Das steigert die Akzeptanz und macht Beratungs- und Fortbildungsangebote passgenauer.

  • Gibt es nationale Programme zur Behandlung von HIV / Aids, zur Müttergesundheit oder andere, an die das eigene Projekt angedockt werden könnte?

Angebote zu sexueller und reproduktiver Gesundheit können möglicherweise mit bereits existierenden HIV / Aids –Programmen zusammengelegt werden. Das ist nicht nur kosteneffektiv, sondern erreicht darüber hinaus eine große Anzahl von PatientInnen mit sehr unterschiedlichen Gesundheitsfragen  und -problemen. Zudem profitiert auch das Personal von Fortbildungen und dem Wissen der jeweils anderen „Disziplin.“

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Lokale Einbindung

Der Erfolg eines Projektes hängt auch von einer gelungenen lokalen Einbindung vor Ort ab. So sollten lokale Autoritäten noch vor Beginn eines Projektes über das Vorhaben dezidiert informiert und um Erlaubnis gebeten werden. Da es sich um ein sensibles Thema handelt, über das in vielen Ländern nicht öffentlich gesprochen wird, ist der Aufbau eines Vertrauensverhältnisses sehr wichtig. Lokale Autoritäten können die Akzeptanz eines Projektes maßgeblich erhöhen, indem sie es öffentlich unterstützen oder andere Akteure aktiv einbinden. Zudem bietet es sich an, die Projekte mit einer lokalen Projektorganisation durchzuführen. Projektorganisationen vor Ort sind zumeist sehr gut mit den lokalen Gegebenheiten und Personen des öffentlichen Lebens / lokalen Autoritäten vertraut und helfen so insbesondere beim Start des Projektes. Auch nach Projektabschluss erhöht diese Vorgehensweise die Nachhaltigkeit der Aktivitäten. Denn der lokale Partner bleibt in aller Regel vor Ort und wird bestimmte Bestandteile des Projekts in die alltägliche Arbeit integrieren.

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Konkurrierende Strukturen

 

 

In der Regel werden Gesundheitsprojekte in Regionen durchgeführt, die bereits vielerlei Versorgungsstrukturen aufweisen. Umso wichtiger ist es, vor Projektbeginn eine  „Landkarte“ existierender Versorgungsstrukturen zu entwerfen. Welche Gesundheitsangebote gibt es schon vor Ort und wie werden sie genutzt? Welche konkurrierenden Strukturen existieren möglicherweise (Apotheken, Projekte anderer Organisationen zu SRGR, andere)? Existiert ein Schwarzmarkt, auf dem Verhütungsmittel gekauft werden können? Aus einigen Ländern mit strenger Sexualmoral ist bekannt, dass sich junge unverheiratete Frauen hormonelle Verhütungsmittel ohne Rezept in der Apotheke beschaffen (und damit ohne medizinische Untersuchung und ärztliche Beratung), um anonym zu bleiben. Möglicherweise gibt es in der Projektregion auch andere staatliche oder private / kirchliche Projekte, zu ähnlichen Themen. Welche Verhütungsmethoden werden dort präferiert? Gibt es außerdem traditionelle Heiler, Geburtshelferinnen oder andere, die Gesundheitsdienste anbieten, aber keine offizielle Zulassung besitzen und können diese Personen in das Projekt eingebunden werden?

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Auswahl von Verhütungsmitteln

Um Frauen und Männern in unterschiedlichen Lebenslagen ein geeignetes Kontrazeptivum anbieten zu können, sollte im Rahmen des angebotenen Programms eine breite Palette verschiedener Verhütungsmethoden zur Verfügung stehen. Dabei sollten die Vorgaben des nationalen Gesundheitsministeriums beachtet werden. In aller Regel existiert eine nationale Liste aller zugelassenen Arzneimittel. Sie gibt Aufschluss darüber, welche Verhütungsmittel im Rahmen eines Projektes überhaupt ins Land gebracht werden dürfen. Häufig gibt es außerdem eine nationale Liste unentbehrlicher Arzneimittel, die auch Kontrazeptiva beinhaltet. Die Liste der unentbehrlichen Arzneimittel (Model List of Essential Medicines) der Weltgesundheitsorganisation kann Hinweise liefern, welche Mittel am besten geeignet sind. In jedem Fall empfiehlt sich aber ein kritischer Abgleich mit der vorhandenen Evidenz (dazu bietet das Modul B Informationen).

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Kapitel C.2