E.2: Medizinische Prävention

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Eine der wichtigsten medizinischen Präventionsmaßnahmen ist die Behandlung HIV-positiver Menschen. Sie kann die individuelle Viruslast unter den Schwellenwert drücken und Ansteckungen verhindern (siehe Modul B) .Im Folgenden werden weitere Maßnahmen vorgestellt. Ob und wie erfolgreich sich diese auswirken, hängt aber auch stark von strukturellen Faktoren ab, die durch Verhaltensprävention verändert werden (siehe E.4).

Kondome für Männer und Frauen

Kondome für Männer sind ein weitverbreitetes und effektives Präventionsinstrument. Nicht nur in der Prävention von HIV, sondern auch gegen weitere wichtige STI. Dies gilt in besonderem Maße für Schlüsselgruppen. Ein Aspekt der UN-Präventionsziele bis 2020 war die Verfügbarmachung von jährlich 20 Milliarden Kondomen in Ländern geringen und mittleren Einkommens (mehr). Jedoch sind neben der Bereitstellung der Kondome an sich auch flankierende Maßnahmen vonnöten. Hierzu gehört vor allem zielgruppengerechte Aufklärung über die richtige Anwendung. Erschwerend kommt in vielen Kontexten hinzu, dass Kondome zwar verfügbar sind, aber nicht eingesetzt werden. Dies kann vielfältige Gründe haben, von kulturellen oder religiösen Überzeugungen bis hin zu Gewalt in Partnerschaften. Hier müssen strukturelle Veränderungen ansetzen. Auch in Deutschland ist die niedrigschwellige Versorgung mit Kondomen für Männer bei einigen Gruppen nur mangelhaft, bspw. in Gefängnissen.

Femidome, also Kondome für Frauen, sind weltweit deutlich weniger verbreitet aber momentan immerhin in ca. 130 Ländern erhältlich (mehr). Diese Art von Kondom hat u.a. den Vorteil, bereits Stunden vor dem Geschlechtsverkehr eingesetzt werden zu können und latexfrei zu sein. Vor allem gibt es Frauen zumindest theoretisch mehr Möglichkeiten, selbst über Verhütung und Infektionsschutz zu entscheiden.

Zudem hat die Mikrobizid-Forschung in den vergangenen Jahren neue Ansätze erprobt. Auch laufen größere Versuchsreihen zu Vaginalringen, die HIV-Medikamente freisetzen. Generell wurden jedoch die teils großen Hoffnungen, die man für vaginale Präventionsansätze gehegt hat, bislang eher enttäuscht (mehr).

 

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Medizinische Beschneidung von Männern

Die freiwillige Beschneidung von Männern aus Präventionsgründen ist in den vergangenen zehn Jahren stärker in den Vordergrund gerückt. 2018 wurden laut UNAIDS allein in 15 priorisierten afrikanischen Ländern über 4 Millionen Beschneidungen durchgeführt (mehr). Bei früheren Versuchsreihen in Kenia, Südafrika und Uganda ließ sich auf diesem Wege das HIV-Infektionsrisiko für heterosexuelle Männer um über die Hälfte senken (mehr). Neue Studien weisen darauf hin, dass sich auf diese Weise auch für MSM in Ländern geringen und mittleren Einkommens geringer Schutz erzielen lässt (mehr). Der einmalige Eingriff verringert zudem das Ansteckungsrisiko mit anderen STI. Er kann vor allem in Ländern mit hoher HIV-Prävalenz sinnvoll sein.

In vielen Kontexten ist die Beschneidung von Heranwachsenden gesellschaftlich eher akzeptiert, als bei Erwachsenen. Diese Altersgruppe, v.a. die 10-14 Jährigen, eignet sich zudem besonders, da sie meist noch nicht sexuell aktiv ist. Ein elementarer Faktor ist jedoch die angemessene Aufklärung und die Freiwilligkeit der Maßnahme. Auch muss mit effektiv kommuniziert werden, dass dies kein riskanteres Sexualverhalten befördern soll.

PEP und PrEP

Postexpositionsprophylaxe (PEP) und Präexpositionsprophylaxe (PReP) sind medikamentöse Optionen zum Schutz vor Ansteckung mit HIV.
Bei PEP erfolgt ein Einsatz als „Notfallmaßnahme“, wenn es einen Risikokontakt gab. Dies kann z.B. ungeschützter Geschlechtsverkehr mit einer HIV-positiven Person sein, die nicht in Therapie ist oder eine versehentliche Nadelstichverletzung im medizinischen Kontext. Die Anwendung der PEP streckt sich über vier Wochen. Sie muss so schnell wie möglich begonnen werden, am besten in den ersten Stunden nach Kontakt.
Die PrEP wiederum wird im Vorfeld eingenommen, zunächst eine Woche lang, um den Schutz zu aktivieren. Soll dieser danach dauerhaft sein, wird in Deutschland einmal täglich eine Einnahme empfohlen. Richtig eingesetzt, entspricht ihr Schutz dem durch Kondome oder dem Schutz durch Therapie. Eine weitere Möglichkeit ist die „anlassbezogene PrEP“ (mehr).

 

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Das Potenzial der Maßnahme ist gerade bei Schlüsselgruppen beachtlich. In der Praxis zeigen sich allerdings noch vielfältige Hindernisse. Anfang 2020 waren erst zwei Wirkstoffkombinationen als PrEP zugelassen. Für die ältere sind, je nach Patentsituation, bereits generische Versionen erhältlich. Neben problematischen Preishürden zeigt sich zudem: PrEP ist in einigen Ländern schlicht noch nicht verfügbar.

Studien zur Nutzung von PrEP von Menschen in der Sexarbeit in afrikanischen Ländern verdeutlichen außerdem, wie soziale Einflüsse die Offenheit für diese Präventionsform und die Adhärenz beeinflussen. Abseits von Nebenwirkungen wurden Stigmatisierungen als häufiger Grund für Ablehnung oder Abbruch genannt (mehr). So bietet PrEP Frauen eigentlich die Möglichkeit, ihren Schutz selbst in die Hand zu nehmen. Jedoch gaben viele Befragte in den Studien an, zunächst ihren Mann um Erlaubnis fragen zu müssen, da sie befürchteten, als untreu angesehen zu werden.

Bisher ist unklar, ob auf die Verbreitung von PrEP eine Zunahme anderer STI folgen könnte (mehr). Auch bedarf es einer genauen Beobachtung möglicher Resistenzentwicklungen (mehr)

Und wie ist es mit einer Impfung?

Weiterhin gibt es keine Impfung gegen das HI-Virus. In der Forschungspipeline sind allerdings deutlich mehr Kandidaten als früher und es finden sich verschiedene Impfstoff-Konzepte in der Studienphase an Menschen. Allerdings wurde Anfang 2020 eine viel beachtete Versuchsreihe in Südafrika vorzeitig wieder eingestellt (mehr). Zeitnah wird es kein Produkt zur Marktreife bringen, dass adäquate Schutzwirkung hat.

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