D.2: Metformin und Sulfonylharnstoffe

Metformin

Metformin ist das am häufigsten verschriebene Antidiabetikum weltweit. Es wurde von der WHO in die Liste der unentbehrlichen Medikamente (Essential Medicines List, kurz: EML) aufgenommen und stammt aus der Klasse der Biguanide. Metformin hemmt die Glukoseausschüttung der Leber und erhöht die Glukoseaufnahme der Zellen. Es wird in Tablettenform verabreicht.

Das Präparat kam bereits in den 1950er Jahren auf den Markt, es ist in vielen Ländern des globalen Südens verhältnismäßig gut verfügbar. Metformin ist deutlich kostengünstiger als neue Präparate.

Das Präparat wird als Monotherapie verordnet oder in Kombination mit anderen blutzuckersenkenden Medikamenten, inklusive Insulin. In einem Großteil der Leitlinien weltweit stellt es das Medikament erster Wahl dar, sofern keine Unverträglichkeiten oder Kontraindikationen bestehen. Für PatientInnen mit Übergewicht bietet es die zusätzlichen Vorteile appetithemmend und lipidsenkend zu wirken. 

Keine Verordnung sollte erfolgen bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff, schwerer Niereninsuffizienz, schweren Leberschäden, Alkoholabhängigkeit und akuter Alkoholintoxikation. Wegen erhöhter Gefahr von Laktatazidose muss Metformin 48 Stunden vor und 24 Stunden nach Operationen sowie vor Kontrastmitteluntersuchungen abgesetzt werden.

Obwohl bei Neuerscheinungen der patientenrelevante Nutzen häufig nicht erwiesen ist, werden diese teils dennoch von staatlichen Einrichtungen vorgezogen, auch wenn so letztlich die generelle Versorgung verschlechtert wird. So entfielen etwa 2009 in Kirgisistan über die Hälfte der staatlichen Aufwendungen für orale Antidiabetika auf das Mittel Repaglinid. Damit konnten nur 219 der 140.000 im Lande von DM2 Betroffenen behandelt werden – für die gleiche Summe hätten allerdings über 6.000 Personen mit Metformin versorgt werden können.

Faktenbox Metformin

 

Sulfonylharnstoffe

Auch Sulfonylharnstoffe gehören zu den seit langem eingesetzten Antidiabetika und werden ebenfalls in Tablettenform verabreicht. Sie steigern die Freisetzung von Insulin aus der Bauchspeicheldrüse. Voraussetzung ist entsprechend eine noch vorhandene Insulinsekretionsfähigkeit des Organs.

Sulfonylharnstoffe werden als initiales Medikament empfohlen, wenn die Therapie mit Metformin kontraindiziert ist oder Unverträglichkeiten be-stehen. Sie sind von der WHO als weitere unentbehrliche Medikamente bei Diabetes gelistet. Verbreitete Vertreter sind Gliclazid, Glibenclamid, Glimepirid und Gliquidon. Glibenclamid und Glipizid sind die einzigen Vertreter der Sulfonylharnstoffe, für die bisher ein Langzeiteffekt gezeigt wurde.

Durchfall als Nebenwirkung tritt bei PatientInnen mit Sulfonylharnstoff im Vergleich zu Metformin weniger auf, jedoch wurden häufiger Unterzuckerungen und vor allem in den ersten zwei Jahren der Therapie eine Gewichtszunahme beobachtet. Da sich bei vielen PatientInnen die Insulinproduktion der Bauchspeicheldrüse im Laufe der Jahre verringert, kann die Eignung von Sulfonylharnstoffen ebenfalls abnehmen.

Gegenanzeigen für diese Gruppierung von Wirkstoffen sind Typ-1-Diabetes, Schwangerschaft und Stillzeit sowie Pankreasresektion, Ketose und Überempfindlichkeit gegen Sulfonylharnstoffe. Vorsicht ist geboten bei PatientInnen mit eingeschränkter Nieren- oder Leberfunktion.

Sulfonylharnstoffe sind weltweit verbreitet und kommen vor allem in Ländern mit geringen Ressourcen zum Einsatz, bedingt auch durch ihren niedrigen Preis. Bei einer Analyse von 32 nationalen Medikamentenlisten von Ländern geringen und mittleren Einkommens fand sich Glibenclamid in allen Aufstellungen sowie Gliclazid bei etwas mehr als einem Drittel (mehr). Erstgenanntes hat jedoch im Vergleich den Nachteil, dass es eher zu Unterzuckerungen führt, was besonders bei älteren Menschen problematisch ist. Deshalb wird Glibenclamid von der WHO für über 60-jährige nicht empfohlen.

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