D.4: Gliflozine, Gliptine und GLP-1-Agonisten

In jüngerer Zeit sind weitere Antidiabetika auf den Markt gekommen, die im globalen Süden jedoch nur selten Bestandteil staatlicher Versorgungsleistung sind. Alle genannten Präparate liegen in Tablettenform vor, mit Ausnahme von GLP-1-Agonisten. Jene werden unter die Haut gespritzt und haben auch in der Therapie eine Sonderstellung.

 

Gliflozine (SGLT-2-Hemmer)

SGLT-2-Hemmer bewirken, dass vermehrt Glukose über den Urin ausgeschieden wird und so der Blutzuckerspiegel sinkt. Vertreter sind Dapagliflozin, Empagliflozin und Canagliflozin. Sie sind erst in den letzten Jahren auf den Markt gekommen, deshalb liegen weniger Daten zum patientenrelevanten Nutzen und zur Langzeitverträglichkeit vor. Lediglich bei Empagliflozin wurde als Zusatztherapie ein Vorteil für Patienten mit bestehender Herzerkrankung aufgezeigt, wobei die Ergebnisse der entsprechenden Studie mit einigen Unsicherheiten behaftet sind.

SGLT-2-Hemmer können als Monotherapie (wenn Metformin nicht vertragen wird) oder als Kombinationstherapie einschließlich Insulin eingesetzt werden. Die Wirkung ist von der Nierenfunktion abhängig.

Nicht empfohlen wird der Einsatz bei Niereninsuffizienz, bei PatientInnen über 75 Jahren, bei Volumenmangel und Hypotonie. Es gibt des weiteren Warnhinweise auf ein erhöhtes Risiko für Ketoazidosen. Durch die verstärkte Zuckerausscheidung können Harnwegs- oder Genitalinfektionen auftreten, beziehungsweise verstärkt werden. Dies stellt besonders bei Frauen und unter schwierigen hygienischen Rahmenbedingungen ein Problem dar.

Faktenbox Empagliflozin

 

Gliptine (DPP-4-Hemmer)

Nach der Nahrungsaufnahme stimuliert das Hormon GLP-1 (Glucagon-like-peptide-1) die Insulinsekretion und hemmt so die Glucagonfreisetzung. GLP-1 wird im Körper durch DPP-4 (Dipeptidylpeptidase-4) abgebaut, was entsprechend durch DPP-4-Hemmer verzögert werden soll. Vertreter dieser Gruppe sind u.a. Saxagliptin, Alogliptin und Sitagliptin.

Gliptine können als Monotherapie oder in Kombination mit Metformin, Sulfonylharnstoffen oder Insulin eingesetzt werden und werden als besonders verträglich angesehen. Gegenanzeigen sind schwere Leberinsuffizienz und Pankreatitis. Anwendungsbeschränkungen bestehen bei mäßiger bis schwerer Nierenfunktionsstörung.

In Deutschland existiert seit Beginn der 2000er eine rege Debatte über die adäquate Einschätzung von DDP-4-Hemmern. Inzwischen liegen Langzeitstudien zu den meisten Gliptinen vor. Keine dieser Studien zeigte eine Reduktion des Risikos für Folgekomplikationen durch den Einsatz von Gliptinen. Teilweise stieg sogar das Risiko an, wenn sie Teil der Behandlung waren. Sowohl IQWiG als auch die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft sehen daher keinen Anlass zum breiteren Einsatz in der Behandlung.

Faktenbox Saxagliptin und Sitagliptin

 

GLP-1-Agonisten

GLP-1-Agonisten haben eine ähnliche Wirkung wie das Hormon GLP-1 (siehe oben). Sie stimulieren den GLP-1-Rezeptor und dadurch die Insulinfreisetzung. Vertreter sind u.a. Exenatid, Liraglutid, Albiglutid und Dulaglutid. GLP-1-Agonisten werden subkutan injiziert. Je nach Präparat erfolgt dies ein- bis zweimal täglich oder einmal wöchentlich.

Anwendungsbeschränkungen sind schwere Leberfunktionsstörungen, Ketoazidose, entzündliche Darmkrankheiten und Niereninsuffizienz. Zudem existieren intensive Diskussionen darüber, ob Liraglutid karzinogen wirkt bzw. das Krebswachstum fördert.

GLP-1-Agonisten gehören zu den Inkretin-Mimetika und kommen wenn, dann überhaupt erst spät in einer Behandlung zum Zuge. Sie können verordnet werden, wenn man mit Metformin, anderen oralen Antidiabetika oder auch Basalinsulin keine ausreichende Blutzuckersenkung erreicht. Sie werden statt Insulin oder als Ergänzung zu Insulin eingesetzt. Im Vergleich zu bspw. Basalinsulin sind die Kosten für GLP-1-Angonisten jedoch wesentlich höher, zugleich besteht ein Mangel an gesicherten Nachweisen zum Langzeitnutzen. Eine Ausnahme bildet Liraglutid: Für diesen Wirkstoff liegt eine Langzeitstudie mit positiven Ergebnissen zu Folgekomplikationen bei PatientInnen mit Herzerkrankungen vor.

Faktenbox Liraglutid

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Kapitel D.5