C.5: Zugangshürden

Im globalen Süden treten Barrieren bei Diagnose, Behandlung und Prävention von Diabetes besonders deutlich zutage. Ein wichtiger Faktor sind finanzielle Belastungen. Zuletzt rückte dabei insbesondere Insulin in den Fokus, das für Menschen mit DM1 unerlässlich und dennoch für Viele nicht zugänglich ist.

 

Monopole und hohe Preise

Der globale Insulinmarkt wird zu über 95% von lediglich drei Anbietern dominiert (Eli Lilly, Novo Nordisk & Sanofi). Entsprechend eingeschränkt ist der Wettbewerb. Preisunterschiede zwischen den Herstellern sind gering und nicht nur die neueren Präparate werden immer teurer – die Kosten für ältere Präparate sind im Vergleich zur Einführung in den 1980er Jahren paradoxerweise ebenfalls stark gestiegen. So stehen besonders Länder mit geringen Gesundheitsbudgets vor der Frage, ob sie diese Ausgaben tätigen und andere Leistungen dafür wegfallen lassen können. Das entsprechende Problem trägt mittlerweile sogar einen eigenen Namen: „Insulin-Dilemma“.

In der Bekämpfung von HIV/Aids spielte die verstärkte Produktion von Generika eine elementare Rolle um Preise zu senken. Im Gegensatz zu antiretroviralen Medikamenten, die mit chemischer Synthese hergestellt werden, handelt es sich bei Insulin um ein Biologikum. Es ist ein Arzneimittel das mit Hilfe von Zellen oder lebenden Organismen hergestellt wird. Die Produktion von Biologika gestaltet sich deutlich aufwendiger und erfordert hohe Anfangsinvestitionen. Das erhöht die Hürde, in die Produktion generischer Biologika (so genannter Biosimilars) einzusteigen.

 

Drückende finanzielle Eigenleistungen

In vielen Ländern des globalen Südens müssen PatientInnen einen großen Teil der Aufwendungen für die Behandlung selbst tragen. Beispielsweise sind in Indien 75% der Ausgaben im Bereich Gesundheit Eigenleistungen von PatientInnen. Der größte Teil entfällt dabei auf Medikamente.

Neben Insulin stellen auch die Kosten für orale Antidiabetika viele ärmere Menschen vor massive finanzielle Probleme. In Kenia etwa kann allein das Metformin für einen Monat Behandlung fast einen durchschnittlichen Wochenlohn kosten (mehr). Bereits der Erwerb von Spritzen und Teststreifen stellt in vielen Ländern eine ernste Belastung für PatientInnen dar. Direkte Folgen dieser Bürde sind Unterdosierungen, das Wiederverwenden von Nadeln und das zu späte Erkennen lebensbedrohlicher Komplikationen.

 

Quelle Grafik: HAI  /  Nutzungserlaubnis erteilt

 

Hinzu kommt eine Reihe weiterer direkter und indirekter Kosten. Die Grafik zeigt Aussagen von Diabetes-PatientInnen aus dem globalen Süden. Sie wurden im Zuge einer Insulin-Studie von Health Action International (HAI) zusammengetragen. So fallen für PatientInnen teils hohe Arzt- und Anfahrtskosten an, außerdem bedeutet der oft große Zeitaufwand Arbeits- und damit Einnahmeausfall.

 

Ungeeignete Produkte

Ein weiteres Problem ist, dass die technischen Hilfsmittel und Arzneimittel zur Diabetesbehandlung häufig nicht gut für die Verwendung in feucht-tropischen oder trocken-heißen Regionen geeignet sind. Insulin muss beispielsweise kühl gelagert werden. Es ist empfindlich gegenüber Minustemperaturen, verliert jedoch besonders bei über 40 Grad Celsius an Wirksamkeit. In Regionen, in denen eine stabile Kühlkette nur schwer zu garantieren ist, erschwert dies die Lagerung für PatientInnen und Gesundheitseinrichtungen massiv. Teststreifen sind ebenfalls empfindlich gegen Temperaturschwankungen und zudem anfällig für Feuchtigkeit.

Bei der Diagnostik kommt erschwerend die mangelnde Kompatibilität von Teststreifen für Blutzucker und Messgeräten zwischen verschiedenen Herstellern hinzu. Sie ist einer der Gründe, warum groß angelegte Schenkungen von Messgeräten durch Pharma-Firmen ambivalent sind. Sie binden PatientInnen auch an den entsprechenden Produzenten.

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