E.3: Verhaltensprävention

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Verhaltensprävention adressiert das individuelle Risiko-Verhalten von Menschen. Diese können HIV-positiven oder -negativen Status haben. Gewünschtes Ergebnis kann bspw. erhöhte Bereitschaft zur HIV-Testung oder verbesserte Adhärenz in der Behandlung sein. Dies lässt sich etwa durch mehr Wissen zum Thema, veränderte Risiko-Wahrnehmung oder einen Wandel persönlicher Wertvorstellungen erreichen. Im Folgenden vermitteln wir Ihnen einige solcher Instrumente.

Das Verhalten Einzelner richtet sich jedoch nach Verhältnissen, in denen sie leben. Die Deutsche Aidshilfe konstatiert daher: „Vereinfachende Modelle à la „Informationen führen zum gewünschten Verhalten“ werden der Realität nicht gerecht und dürfen nicht dazu benutzt werden, sich der Verantwortung für die strukturelle Prävention zu entziehen“ (mehr).

Gesundheitsaufklärung

Gesundheitsaufklärung ist ein zentraler Pfeiler in der Arbeit gegen Infektionskrankheiten. Es geht z.B. um reproduktive Gesundheit und Sexualaufklärung oder Ansteckungsrisiken bei Drogengebrauch. Die Projekte müssen zielgruppengerecht arbeiten und ihr „Ohr“ an den entsprechenden Communities haben, um den realen Bedarf identifizieren zu können.

Wie wichtig dies ist, zeigt ein Beispiel aus der Stadt London in Kanada. Trotz eines umfangreichen Harm Reduction-Programms wurde 2016 ein lokaler Gesundheitsnotstand ausgerufen, da sich die HIV-Raten bei NutzerInnen intravenöser Drogen mehr als verdoppelt hatten. Interviews in der Community ergaben, dass ein wichtiger Übertragungsweg übersehen worden war. Zwar war bekannt, dass Nadeln nicht geteilt werden sollten, aber kein Bewusstsein dafür ausgeprägt, dass auch das Equipment zur Aufbereitung der Opiate auf verschiedenen Wegen verunreinigt werden konnte und so eine HIV-Verbreitung ermöglichte (mehr). Nach Forschung an dem Thema lancierten Hochschulen mit Community-Organisationen vor Ort die Kampagne „Cook your Wash", um auf das Problem aufmerksam zu machen.

In jüngerer Zeit sind einige wichtige Inhalte der Gesundheitsaufklärung leider zum Tabu für einflussreiche Förderorganisationen wie USAID geworden. Dies gilt für die Aufklärungsarbeit im Bereich sexuelle und reproduktive Gesundheit. Dabei berichtet UNAIDS, dass in Nordafrika und dem Nahen Osten weniger als 30% der jungen Menschen adäquate Kenntnis in Sachen HIV-Prävention haben (mehr). Die entstehenden Lücken werden zudem teilweise mit kontraproduktiven Abstinenz-Ansätzen „gefüllt“. So gingen zuletzt US-Gelder von PEPFAR (President’s Emergency Plan for AIDS Relief) an reaktionäre Organisationen wie „Focus on the Family“, die in Südafrika Jugendliche zu sexueller Abstinenz auffordert (mehr).

 

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Programme gegen Stigma und Diskriminierung

Maßnahmen gegen Stigma und Diskriminierung können einen wichtigen Beitrag leisten, den Zugang zu und die Wirkung von HIV-Prävention, Diagnose und Behandlung zu verbessern. Allerdings ist die genaue Vermessung des Problems oft schwierig. Über die lokale Situation geben am besten die Communities selbst Auskunft. Ein Hilfsmittel können zudem die Materialien wie der sogenannte PLHIV Stigma Index darstellen (mehr).

Stigma wirkt sich nicht überall identisch auf die Gefährdung durch HIV aus. So ist etwa in Lateinamerika speziell die Stigmatisierung transsexueller Menschen ein massives Problem, auch einhergehend mit Gewalt – vier von fünf erfassten Morden an Transsexuellen ereignen sich in dieser Region (mehr). Entsprechend niedrig sind in dieser Schlüsselgruppe die HIV-Testraten.

Die konkrete Form der Verhaltensprävention kann sehr unterschiedlich ausfallen, doch gibt es idealtypische Unterscheidungen (mehr). Differenziert werden kann demnach zwischen:

  • den informationsbasierten Ansätzen (z.B. Infobroschüren oder Vorträge),
  • dem Aufbau von „Skills“ (z.B. der konstruktive Umgang Einzelner oder Gruppen mit Konfliktsituationen),
  • Counseling-Ansätzen (z.B. durch Support-Gruppen oder Peers) sowie
  • Ansätzen, die persönlichen Kontakt und Empathie beim Thema herstellen (z.B. Berichte von PatientInnen).

Die Programme können an HIV-positive oder -negative Menschen gerichtet sein. Auch eine Kombination ist möglich. So kann z.B. ein Projekt, das HIV-positive und negative Menschen zusammenbringt, bei der einen Seite Stigma und bei der anderen Selbststigmatisierung verringern. Wichtig ist außerdem, Personen zu adressieren, die Teil staatlicher Strukturen sind. Darunter fällt Gesundheitspersonal, Polizei und in der Politik Tätige.

Eine Möglichkeit, mit geringen Ressourcen und Community nahe Stigma zu bekämpfen, liegt in der Nutzung des Radios. Besonders in Südafrika ist dies seit Langem etabliert und hat sich als besonders effektiv für jüngere Zielgruppen erwiesen (mehr). Neben Gesundheitsaufklärung bieten Radiosendungen viele Möglichkeiten, Ängsten und Vorurteilen zu begegnen. Vor allem, wenn sie auf bestimmte Stadtviertel, Hochschulen oder Subkulturen speziell zugeschnitten sind.

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